Samstag, 29. Dezember 2007

Feeling Stockholm

Es ist Samstag und wir haben endlich die Freiheit, Stockholm und Umgebung kennen zu lernen! Wir gehen endlich so vor, wie es uns am liebsten ist: Ohne Plan. Einziges Ziel: Ein Besuch im VasaMuseum.



Gässchen und Orgel in der Deutschen Kirche auf der Altstadt-Insel Gamla Stan, c:marymi

Auf dem Weg dorthin durchqueren wir mal wieder die wunderschöne Insel "Gamla Stan". Eigentlich ist es so, dass wir uns permanent verfahren, nie wissen wir, auf welchem Inselteil wir gerade sind. In den letzten Tagen sind wir immer wieder an "Nacka" hängengeblieben, egal wo wir hin wollten... "Neeeiiin, nicht schon wieder Nacka!!" Als ob uns da irgendwas ruft, aber wir waren einfach genervt, kann doch nicht war sein, immer begegnet uns dieses Viertel! Mehr dazu später... Jedenfalls: Gamla Stan ist optisch wirklich schön und so beschlossen wir spontan zu parken und diesen kleinen Altstadtteil zu erkunden. Es war seltsam... Schöne Gebäude, schmale Gässchen, tolle Farben, sehr südländisch. Und trotzdem: Gar kein "warmes" Gefühl. Es war die ganze Zeit so: Die Stadt "spricht" einfach nicht mit uns. Als ob alle Gebäude ihre Geschichts-Infos zurückhielten. Einige von Euch werden es an den Fotos merken... Es fällt mir schwer, das StockholmStadtgefühl über die Fotos einzufangen.

Als es anfängt zu regnen machen wir uns auf, ins Vasa Museum. Ein imposantes Schiff, was die Schweden Mitte des 20. Jahrhunderts in den Gewässern von Stockholm an Grund fanden und heben konnten. Es wurde im 17. Jahrhundert erbaut und sollte seine Kriegs-Jungfernfahrt antreten, und da versank es.


Reichverziertes Schiff Vasa, c:marymi

Es ist wirklich ein beeindruckendes Schiff, aber auch hier waren wir nach nicht mal einer Stunde wieder draussen, es kamen fast keine Emotionen rüber. Wir waren telefonisch irgendwan gegen 16h mit Lu, dem Neffen von Enzo V., verabredet und so beschlossen wir, uns mal wieder im GrandHotel niederzulassen. Wir hatten nicht wirklich Lust, dieses Abend mit ihm zu verbringen, aber er überzeugte uns, indem er meiner Doktor-Freundin erzählte, er hätte zwei Schwedenfreunden Bescheid gesagt, die würden auch mitkommen, damit mir nicht langweilig würde ;) (Ich stellte bei unserem gestrigen Nachtausgang fast, dass ich die schwedischen Männer ganz schön toll fände, so vom Angucken ;).

Die Karten sagten uns zwar, dass der Abend ohne diese Schweden stattfinden würde, aber was solls, ich war ja noch am Üben dieses neuen Kartensystems, vielleicht war die Legung murks und
die eventuelle Gelegenheit, Einheimische kennen zu lernen wollten wir uns nicht entgehen lassen.


Kunst am Wasser, c:marymi

Die Karten hatten recht: Die schwedischen Jungs waren nicht da und so gingen wir zu dritt in ein kleines Restaurant und aßen erstmal was.

Noch immer wußten wir nicht, was wir Silvester machen würden - in der Stadt bleiben war keine gute Idee. Der Hund würde durchdrehen, bei den ganzen Böllern. Ihn allein im kleinen IbisHotel Zimmer lassen, während wir schön in der Stadt sind und das Feuerwerk und Silvestertreiben zu erleben ging gar nicht. Bei ihm im Hotelzimmer bleiben war auch doof. Also versuchten wir, außerhalb von Stockholm, vielleicht weiter im Norden eine schöne Unterkunft zu finden: Nix zu machen. Und Schnee würden wir erst in Lappland finden, das war zu weit, denn wir müssen definitiv am 2. Januar morgens wieder in Hamburg sein, da meine Doktor-Freundin dann wieder arbeiten muss.

Während wir im Restaurant sitzen, überlegen wir also, was wir tun können. Es ist wie verhext, nirgendwo scheint es einen Flow zu geben... auch zurück nach Hamburg zieht es uns noch nicht. Auf einmal sagt meine Doktor-Freundin: "Wir können ja in Berlin feiern"! Sie hat dort ein Jahr gelebt und ein paar Freunde, bei denen wir unterkomen können...

Und so entscheiden wir spontan, morgen nach Berlin zu fahren. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, es fehlt noch was. "Unser Job" hier war getan... aber es gibt noch etwas zu entdecken hier, in Stockholm, kein Gebäude, sondern ein Gefühl... Wir hatten es, als wir anreisten, aber in der Stadt selbst haben wir es nicht wiederfinden können. Also wo ist es, wie können wir eintauchen in diese Stadt, in den Kern?

Wir setzen Lu, der ziemlich beleidigt ist, bei Enzo V. ab und fahren nach Langholmen, eine Mini-Insel neben Södermalm. Kaum betreten wir die Insel wird uns mulmig, alles ist dunkel, hier gibts keine Cafés aber einen super Rundumblick auf Stockholm und so parken wir und gehen runter ans Wasser. Wir lassen die Lichter auf uns wirken und auf einmal bekommen wir die Info, die wir haben wollten und die Möglichkeit, "einzutauchen" in diese wundervolle Stadt. Ich habe das Gefühl, dass es eine Art "Tor" gibt, aber es ist kein örtlich vorhandenes, sondern ein emotionales...

Stockholm ist eine absolute Wasserstadt, aber das Wasser scheint still zu stehen. Wir können auch keine Passion, Leidenschaft, also quasie das Element "Feuer" hier fühlen. Wir merken, dass das Wasser da ist, die Gebäude, Landschaften und die Menschen umspült, aber dieses das Wasser überhaupt nicht leben. Es ist getrennt: Das Wasser unten und drumherum - die Menschen und Gebäude oben auf. Selten haben wir einen direkten Zugang zum Wasser gefunden. Es ist so, als ob hier das Element "Erde" total gelebt wird, allerdings eher im, aus meiner Sicht, unangehmen Sinne: Sicherheit, Kontrolle, Abschottung ist das, was wir hier ganz unterschiedlich erlebt haben. Keinesfalls die Erdung im Sinne von: Absolute Verbundenheit mit der Natur, Manifestationen etc. (Sorry, ich weiß, dass klingt alles etwas strange, aber ich kann es nicht anders beschreiben...). Die Menschen sind mir sehr sympathisch, und doch erscheinen sie mir völlig leidenschaftslos.

Während meine Doktor-Freundin die Geschichte der Stadt nun wahrnehmen kann, entdecke ich das Gefühl, die Verbindung des Wassers mit der Stadt. So als ob sich die Stadtenergie sich nun öffnet, mich aufnimmt. Die Menschen, die hier leben, erleben das nicht so, sie fließen nicht mit der Stadt, sie nehmen den Kern gar nicht auf...

Wir verlassen die Insel kurze Zeit später und lassen uns einfach treiben. Und landen, natürlich, ungewollt in Nacka! Weil uns dieser Ort ständig zu begegnen scheint, es ist so, als ob er etwas von uns will, bleiben wir diesmal dort und schauen, wo wir landen. Und wir landen: Am Wasser. Und hier ist das Gefühl der Stadt superpräsent, das, welches wir eben auf Langholmen fühlen durften... Hier bewegt sich das Wasser, alles liegt klar vor uns, die Geschichte, der Kern, alles. Hier fühlt sich die Wasserenergie fast frei an, fließend, so wie es sein sollte... Im Auto sitzend verbringen wir dort eine halbe Stunde, lassen die Stadt auf uns wirken, fühlen.

Auf unserem Rückweg wird uns die Bedeutung des Zeitsprungs am Tag vorher, in dem wir in Nacka gelandet sind, auf einmal klar. Wir haben uns in den letzten Tagen ziemlich oft verfahren und ständig landeten wir in Nacka, wollten aber woanders hin und so sind wir immer wieder rausgefahren. Dieser Zeitsprung hat uns völlig aus dem Konzept gebracht, größer kann der Wink mit dem Zaunpfahl nicht sein: "Hier ist das was Ihr sucht!!!".

Nun ist es so, als ob es hier nichts mehr zu tun und zu sehen gibt, für mich. Wenn ich jetzt noch zehn Tage oder länger hier bleiben würde, dann weiß ich, könnte ich die Stadt erleben... aber nicht in den nächsten zwei Tagen und nicht im Ibis. "Unser Job" hier ist abgeschlossen... und ich werde wieder kommen, und Stockholm so erleben, wie es sich anfühlt, wenn Wasser, Erde und Luft integriert sind.

Und so fahren wir ins Hotel, packen unsere Sachen, organisieren schnell unsere Übernachtung in Berlin und beenden die Reise nach Schweden fast so, wie sie begonnen hat: Mit zwei Stunden Schlaf ;)

Fortsetzung folgt,
Eure Marymi :)

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