Samstag, 13. Oktober 2007

Auf dem Land

Donnerstag bin ich ins Wendland gefahren, in das Haus meiner Eltern. Auf der Durchreise nach Lübek sozusagen, es liegt zwar überhaupt nicht auf dem Weg, aber Um-Wege gibt’s auf meinen Reisen eh nicht sondern nur Hin-Wege. Wobei Hin-Weg nicht zu verwechseln ist mit Hin-Zu-Weg, denn ich bin ja auf dem Weg schon immer da wo ich bin und muss nirgendswo hin. Gewissermaßen.




Komplexer Tecki-Kram, c:marymi

Das Chaos tobt weiter um mich herum, weitesgehend ohne dass es mich selbst direkt betrifft, und so setzten die Lock-Führer den zu meinem Reisetag geplanten Streik freundlicherweise spontan aus. Hautnah bekam ich dann ein paar Kostproben im Umfeld meiner Eltern mit, die sich einen neuen Ofen inkl. fettem Wassertank zwecks ökologischer Nutzung einbauen ließen. Dieser sollte bereits längst installiert sein, allerdings kam ein gequetschter Zeh eines Handwerkers, der Tod des Vaters seines Kollegen und die Krankheit eines weiteren Kollegen dazwischen, alles nahezu zeitgleich. Da das Handwerksunternehmen eigentlich auch nicht größer ist als 3Mann, konnte der Termin nicht eingehalten werden. So wurde also ein Neuer abgemacht, der nicht stattfand und der dritte „Abgabetermin“ war dann gestern, am Abend meiner Ankunft im Wendland.




Feuer, c:marymi

Und so freute ich mich auf den schönen warmen Kaminofen, wurde jedoch begrüßt mit der etwas frustrierten Entschuldigung, die ganze Gerätschaft ist immer noch nicht angeschlossen war, und so gabs kein gemütliches Feuer am Abend und auch kein Strom und Warmwasser am nächsten Morgen... was mich jetzt allerdings nicht sonderlich störte. Schließlich gabs ja die neue junge Katze meiner Eltern, die ganz wunderbar kuschelig und anhänglich ist und für einen warmen schnurrenden Bauch sorgte.



Kater Minos, c:marymi


Und so durfte ich dann dafür live und in Farbe miterleben, wie das Chaos weiterging. Beim ersten Versuch saßen wir im Wohnzimmer, der Handwerker werkelte am Ofen und auf einmal hörten wir das Wasser rauschen, welches die Wand in Form eines kleinen Wasserfalls schmückte und ein seehr lautes „ZUUU!!!“. Relativ unbeeindruckt, shit happens, blieben wir sitzen: Nach der Woche aber-heute-wird-der-Anschluss-ganzbestimmt-fertig! sind meine Eltern doch ziemlich gelassen bezüglich kleiner Desaster oder vielleicht liegts auch an dem langen Urlaub vorher?


Nachdem wir das späte Mittagessen mit dem aktiven Schlagbohrer in der Nebenwand ausklingen liessen, ließen wir uns gemütlich im ehemaligen Kuhstall nieder und beobachteten die Katzen, als wir kurze Zeit später einen ziemlich lautes Krachen und unmutige Geräusche aus der Tenne hörten. Meine Mutter blieb entspannt im Sessel sitzen und sagte nüchtern: „Da ist jemand durchgebrochen“ und meinte damit, das wohl einer der Handwerker den Bretterpfad auf dem Heuboden verlassen hatte, und dummerweise auf eine besonders alte und renovierungsbedürftige Holzdiele getreten ist. Welche leider dem Gewicht nicht standgehalten hatte. Wir guckten uns an, und ich machte vorsichtig die kleine Tür zur Tenne auf und sah auf einen Tisch, der auf einmal voller Stroh war. Als ich nach oben guckte, sah ich ein gutgeformtes Männerbein durch ein Loch in der Decke nach unten ragen und das sind dann die Momente, die man einfach fotografisch festhalten muss (es kamen nur Flüche, keine Schmerzensschreie) und genau dann ist die Kamera irgendwo, wo man sie so schnell nicht findet.


Mein Vater, Arzt, war sofort an Ort und Stelle, passiert war nix und auf dem Land ist man eh hart im Nehmen. Erstaunlicherweise war kurz danach sehr schnell alles fertig installiert und angeschlossen und ich glaube, die Handwerker möchten nie wieder unseren Heuboden betreten. Nun geht der Ofen, der Warmwassertank und es tropft ein bisschen aus einem der Rohre aber die Heizung funktioniert und die Dusche ebenfalls und für den Rest ist nächste Woche auch noch Zeit. Etwas ungeschickt fand ich, das der Handwerksmeister in seiner Einführung der für Newbies und no-teckies echt unübersichtlichen Konstruktion („Hier Vorlauf, da Rücklauf, für Kreislauf, das Rohr für Warmwasser, das für Kaltes, die für den Tank und wenn die Pumpe angeht, fühlt sich das so an, merkt Ihr die Vibration? Hier die vier Temperaturanzeigen sind für Ofen, Tank, Brauchwasser, Heizung...“ und so weiter und so weiter) auf die Frage: „Was machen wir denn, wenn das Ganze zu heiß wird?“ erwähnte: „Alles aufdrehen, Heizung, Warmwasser... sonst sitzt Ihr hier auf einer kleinen Bombe.“ Oder so ähnlich. Uns war jedenfalls die Bombe noch Kopf, und prompt fiel mir ein, dass wir uns gestern Abend über Fast-Unfälle in Kernkraftwerken und im kalten Atom-Krieg unterhalten haben, einem „Zeit“Artikel sei Dank ;) Selbstverständlich ist und bleibt alles gut, und die Anlage ist so kompliziert, dass man ab sofort sowieso nur noch sich-Auskenner allein hier ins Häuschen lassen kann.





Morgenstimmung, c:marymi

Bis bald,
Eure marymi :)

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